Kathi und Tobi haben sich letztes Jahr Vatterns Weinberg unter den Nagel gerissen, jetzt fahren sie ihre erste Traubenernte ein. Bei den wunderschönen Impression davon bekommen wir direkt Lust, auch unter die Hobbywinzer zu gehen! Deshalb haben wir mit den beiden über ihr DIY Projekt Wein gesprochen.
Stellt euch doch erstmal kurz vor: Wer seid ihr, wie alt und wo kommt ihr her? Und was macht ihr, wenn ihr nicht gerade Wein anbaut?
Wir sind Kathi (32) und Tobi (36), leben in der Nähe von Stuttgart. Wir haben uns bei der Arbeit kennengelernt. Tobi ist als Wirtschaftsingenieur im Management eines Dienstleistungsunternehmens für technische Beratungsleistungen. Kathi ist seit ihrem Maschinenbaustudium als Beraterin tätig und betreibt u.a. den Onlineshop startools.de.
Wie seid ihr zum Weinmachen gekommen? Gab es da ein „Schlüsselerlebnis“ oder hat sich das langsam entwickelt?
Tobis Vater hat den Weinberg früher selbst als Hobby gekauft und bewirtschaftet. Seit 2008 hatte er den Weinberg verpachtet und wollte vergangenes Jahr das Stück Land sogar verkaufen. Geprägt und beeindruckt vom Weinbau waren wir seit unserem Südafrikaurlaub im Jahr 2013. Auf unserer Rundreise haben wir selbstverständlich auch bei den Weingütern in Stellenbosch Halt gemacht und waren begeistert. Aufgrund der Eindrücke und der ersten Erfahrung, die Tobi durch die Unterstützung seines Vaters bereits sammeln konnte, haben wir schließlich beschlossen den Weinberg zu übernehmen und weiter zu bearbeiten.
Habt ihr euch das Wissen übers Weinmachen selbst angeeignet, oder habt ihr Kurse besucht, eine „Weinbibel“ studiert oder hattet ihr einen Mentor/eine Mentorin?
Von allem ein bisschen. Bücher (die alten sind am praktischsten beschrieben), Internetforen und Netzwerke im Internet (Buchtipp und Link gibt’s unten). Außerdem suchen wir immer den Dialog und den Austausch mit benachbarten und bekannten Winzern. Hauptsächlich profitieren wir natürlich von der Erfahrung von Tobis Vater. Er hat, wie wir bereits alle möglichen guten wie schlechten Erfahrungen und Entwicklungen beim Weinausbau selbst erlebt. Er kennt damit allerlei Tipps und Kniffe um den kleinen und großen Herausforderungen im Weinberg und vor allem im Keller zu begegnen.
Braucht es viel Ausstattung zum DIY-Keltern? Oder geht das auch daheim mit weniger Aufwand, wenn man will?
Zum Keltern, also dem Auspressen der Trauben nach der Ernte, gehen wir in eine Trotte im Nachbarort. Diese Anlagen schafft man sich als Hobbywinzer zunächst nicht selbst an. Eine weitere Möglichkeit bieten mobile Keltern an, die zu bestimmten Terminen an festgelegten Orten genutzt werden können.
Viele der notwendigen Utensilien haben wir im Keller in Tobis Elternhaus gefunden (Fässer, Eimer, Schläuche, Rebscheren und Messgeräte). Neu angeschafft haben wir einen leistungsfähigen Rasenmäher für die Gassen zwischen den Reben. Vor der Abfüllung des Weines wurden noch knapp 500 Flaschen und entsprechende Verschlüsse notwendig.
Was sind für euch die wichtigsten Dinge, die ihr jetzt schon „am Berg“ gelernt habt und was einem vorher keiner sagt?
Am Berg haben wir dieses Jahr wirklich viel Glück gehabt. Das Wetter war überragend warm, sodass die Trauben zu keiner Zeit Probleme wie Krankheiten oder Schädlingsbefall hatten.
Neu im kommenden Jahr ist eine Richtlinie zum Pflanzenschutz für die wir eine Spritzmittelschulung benötigen werden.
Im Keller sieht es hingegen anders aus. Hier haben wir mit dem Jahrgang 2014 Probleme mit der Haltbarkeit. Der Schwefelgehalt ist zu gering und kann im Wein nicht stabil gehalten werden: Ratschlag des Weinlabors – trinken solange der Wein gut ist. Es ist also kein Wein der über die Jahre besser werden wird.
Was sagt der Vater dazu, dass ihr seinen Weinberg in Beschlag genommen habt?
Dem gefällt das! Denn er ist ja gemeinsam mit Tobis Mutter voll mit dabei. Beide nehmen uns beispielsweise die kontinuierlichen Messungen der Öchsle (also dem Stand des Zuckergehalts der Trauben) im Weinberg ab, unterstützen bei der Laubpflege und kümmern sich als Freiwillige um die regelmäßige Verkostung des Weins ;-)
Wie steht’s mit der diesjährigen Wein-Produktion?
Mittlerweile haben wir die erste Ernte hinter uns – die Rotweinmaische gärt und der Weißweinmost liegt bereits im Keller und wird hoffentlich zu einem ganz hervorragend leckeren Wein ;-)
Was macht ihr hinterher mit eurer Ausbeute (und wieviel Flaschen sind’s schließlich)? Selber trinken oder verschenken? Oder gar verkaufen?
Wir erwarten mit der heute bepflanzten Fläche einen Ertrag von ca. 300 Flaschen. Diese werden wir mit Sicherheit in großen Teilen selbst trinken und für Familie und Freunde ausschenken. Auch als Geschenk ist es natürlich immer etwas Besonderes den selbst hergestellten Wein mitbringen zu können. Verkaufen kommt nicht in Frage, da wir keine Zulassung haben… wenn wir eine verlässliche Qualität sicherstellen können, kann das für die Zukunft noch ein weiterer Entwicklungsschritt sein.
Was ratet ihr angehenden DIY-WinzerInnen?
Wer gerne Draußen ist und sich für Weine begeistert – traut euch!
Es ist ein super Hobby mit viel Freude und Genuss und stellt für uns einen idealen Ausgleich zum Büroalltag dar. Eine geeignete Lage wäre natürlich schon wichtig – mit dem angenehmen Nebeneffekt bereits im Frühling und vor allem während der Sommermonate regelmäßig Zeit an der frischen Luft im eigenen Vinyard verbringen zu dürfen. Und eins noch: Nach der Gärung das Fass spuntvoll halten.
Wer jetzt Lust hat aufs Selberkeltern, der sollte Kathi und Tobi unbedingt auf ihrem Blog projektwein.com besuchen!
Als Buchtipp für Einsteiger empfehlen sie „Wein aus eigenem Keller – Trauben-, Apfel- und Beerenwein“ von Wolfgang Vogel. Im Netz findet ihr hier Infos und nützliche Tipps:
Wissen über Rebe und Wein:
Zubehör für die Weinherstellung:
c-schliessmann.de
h-kronenberg.ch
Interview: Marion Müller-Klausch
Fotos: Kathi Hennigs / projektwein.com
Liest sich sehr schön und weckt Interesse. Wenn ihr mal was anderes als Wein ausprobieren wollt, dann brennt mal Schnaps, das macht genauso viel spaß :-D
Liebe Grüße von Selber Schnaps brennen.de
Wirklich toller Beitrag über Weinberge! Auch die Bilder konnten einen tollen Eindruck vermitteln! Gerne mehr davon :)
Beste Grüße Jörg von wein-herstellen.info