Klingt nach Shampoo, meint aber etwas anderes. Thordis Rüggeberg fordert: Hört auf, ständig eure Haare zu waschen – wascht lieber eurer Fahrrad.
An den beiden Blumentöpfen vor dem Eingang sehe ich schon von weitem: die Änderungsschneiderei ist geöffnet. Manchmal habe ich Pech und stehe vor verschlossener Tür, denn Frau Ellni ist längst im Rentenalter und „kann nicht mehr so“, aber ihre Schneiderei will sie aufrecht erhalten, solange es geht. Gut für mich und die Nachbarschaft. Ihr Laden ist Stadtteiltreff, Wärmestube und Nachrichtenzentrale, nur Pakete nimmt sie nicht mehr an: „Das ist ausgeufert.“
Heute hole ich meine geflickte Jeans ab. Meine zum dritten Mal geflickte Jeans, um genau zu sein. An den Oberschenkeln scheuern die Hosen immer wieder durch, Frau Ellni unterlegt neuen Stoff und repariert, auch mehrfach. Manchmal ist mir das fast ein bisschen unangenehm, aber ich kann sowas nicht selbst und sie hilft mir gerne: „Finde ich richtig, wie Sie das machen. Das unterstütze ich aus voller Überzeugung.“
Mit Frau Ellni habe ich eine mütterliche Verbündete gefunden. Bei Filterkaffee mit Büchsenmilch diskutieren wir die Weltlage.
„Gestern war eine junge Frau hier, die wollte, dass ich ihr einen Knopf annähe! Einen einzigen Knopf! Sie wüsste nicht, wie das geht, und hätte gar kein Nähzeug. Was sagt man dazu? Und was soll ich da berechnen?“
„Ist doch gut, dass Sie zu Ihnen gekommen ist und die Bluse deswegen nicht einfach weggeworfen hat“, antworte ich. „Vielleicht sollten Sie Knopf-annäh-Seminare geben.“
Frau Ellni schüttelt den Knopf. „Ich will nicht ständig von früher anfangen, damals war wirklich nicht alles besser. Aber diese Einweg-Mentalität heutzutage, die stört mich. Es wird lieber neu im Internet bestellt als repariert. Letztens sagte ich zu meinem Nachbarn, dass ich einen Drucker brauche, da hat er mir seinen alten geschenkt. Der stand schon neben der Tür für den Müll, weil er angeblich nicht funktionierte. Ich habe kurz hineingeschaut und gesehen, dass nur ein Stückchen Papier abgerissen war und die Walze verklemmte. Hat eine Minute gedauert – läuft wieder!“
„Frau Ellni, die Drucker-Flüsterin!“ Wir lachen, aber Frau Ellni ist auch ein bisschen stolz auf sich.„Ist doch ein gutes Gefühl, etwas zu reparieren“, sagt sie. „Schön, wenn Dinge lange erhalten bleiben.“
„Die Hersteller sehen das vermutlich anders“, werfe ich ein. „Wenn es nach denen ginge, sollten Sie täglich Ersatz kaufen.“
„Aber da machen wir nicht mit, Sie und ich.“ Kämpferisch ballt sie die Faust. „Noch Kaffee?“ Sie schenkt nach und zeigt auf die Fahrradständer draußen.
„Schauen Sie, die ganzen Räder. Werden angeschlossen und nie wieder abgeholt, stehen dort und verrosten. Allein die stabilen Schlösser waren doch schon teuer. Und dann jammern die Leute, dass sie kein Geld haben. Verstehe ich nicht.“
Zwischen den ganzen Wracks parkt auch mein Rad, und ich muss feststellen: es sieht sehr vernachlässigt aus. Erst neulich habe ich gelesen, dass Schmutz schnell die beweglichen Teile beschädigt.
„Frau Ellni, Sie haben mich auf eine Idee gebracht: ich werde jetzt nach Hause fahren und mein Rad putzen. Danke für den Kaffee – bis zum nächsten Mal!“
Frau Ellni winkt mir durch die große Fensterscheibe nach.
„Reparieren ist gut, gar nicht erst kaputt machen ist besser“, denke ich, während ich mein Rad auf dem Hof einseife.
Care and repair. Sorgfältig behandeln und reparieren. Darauf reimt sich noch ein drittes englisches Wort: share, teilen. Nicht nur Dinge, sondern auch Wissen. Wie man Knöpfe annäht, zum Beispiel.