In meinen Keller ist gerade das Familienporzellan eingezogen. Zwei randvolle Schwerlast-Kisten, darin feinsäuberlich jedes Teil einzeln verpackt, damit ja nichts kaputt geht. Wenn ich Platz gemacht habe, wird es wie schon bei drei Generation davor in irgendeinem Schrank auf den einen Tag im Jahr warten, an dem es frische Luft schnappen darf (meistens am ersten Weihnachtsfeiertag) – oder doch nicht?
Ich geb’s zu: Ich hatte gewisse Hintergedanken, als ich es mir habe andrehen lassen. Denn mal unter uns: so richtig brauchen tut man ein Service für 12 Personen eigentlich nicht. Aber es ist handbemalt, mit diesen feinen Veilchen, ganz filigran auf geschwungene Teller… Das kann doch nicht einfach weg! Zum Glück ist Geschirr-Pimpen gerade voll im Trend und egal wohin ich gucke, fallen mir tolle Ideen entgegen, die meinen Erbstücken gut stehen würden.
„Porzellanfieber“ heißt dann auch treffenderweise ein Buch, das es mir besonders angetan hat. Darin wird eher weniger zimperlich mit Omas besten Stücken umgegangen – mit dem Hammer werden Teller zu Mosaikscherben verarbeitet, die dann als Schmuckstücke um den Hals dienen oder als Tablettbelag. Untertassen finden sich als Garderobenzier wieder und aus der Suppenterrine sprießen wilde Kräuter.
Und auch für schlichtes Steingut vom Möbelschweden, schnödes Senfkristall und Einwegflaschen gibt es farbenfrohe Rezepte, wie sie zum Blickfang statt zum Staubfänger werden.
Mich hat das Porzellanfieber schon angesteckt – auch wenn es noch etwas dauern wird, bis ich mich an die Kellerkisten traue. In der Zwischenzeit geht es an die Verschönerung der Teller, die eigentlich auf den nächsten Polterabend gewartet haben… Zerdeppern kann man sie ja schließlich immer noch.
Autorin: Marion Müller-Klausch
Jutta Handrup, Meike Hedder:
Porzellanfieber. Kreative DIY-Projekte mit Geschirr, Glas und Vintage-Porzellan.
LV-Buch 2015, 112 Seiten, 16,95 Euro